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4. Tag, Eggertshnúkur - Arnardalsfjöll

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Copyright © Dieter Graser

Sonntag, 17. Juli 1994


4:30 Uhr, windstill, 9°C, 4/8 Alto Cumulus, keine Lentis, wie sie noch am Vorabend bestimmend waren. Die Sonne aber noch hinter einem Wolkenfeld im Osten. Um 5 Uhr, ich bin gerade beim Frühstück, fährt ein leerer Allradbus durch die Stille, der Fahrer schaut zu meinem Zelt herüber. Ein Becher Tee und ein Müsliriegel, aber jetzt Sonne auf dem Zelt. Es wird warm. Nach der Karte sind es etwa 6,5 Kilometer bis zu einer Furt. Ein Kilometer flußauf des Baches ist ein kleinerer See eingezeichnet, könnte gut sein, daß der Bach dann durch den ausgeglicheneren Abfluß auch Wasser führt. Mal sehen.

Um 6:45 Uhr dann Aufbruch. Die Piste führt schnurgerade durch eine vollkommen flache, blauschwarze Kiesebene. Der Himmel jetzt bedeckt und grau - wenig einladend. Schließlich endet die Ebene fast unvermittelt in einem kurzen, steilen Abstieg von einigen Metern. Ein größerer See bietet mir einen erfreulichen Anblick. Die Piste führt direkt an ihm vorbei. Ob das "der" See sein soll, der auf der Karte eingezeichnet ist. Dieser See hat offensichtlich zur Zeit keinen oberirdischen Abfluß! Er bietet aber Gelegenheit die Wasserflasche an seinem Rand aufzufüllen. Das Ufer ist sehr flach - Quicksand. In der Nähe steht ein Allradfahrzeug, ein Paar aus Kärnten, die hier übernachtet haben. Kurze Unterhaltung und Frage nach den Furten.

Das Wetter wird zunehmend freundlicher, sonnig aber auch mit auffrischendem Südwind. An der Abzweigung zur Piste ins Jökuldalur vorbei. Der Dyngjuhals erweist sich als ein flacher Paß, der diese Bezeichnung kaum verdient. Kurze windige Mittagspause auf der "Paßhöhe". Unten im Arnardalur relativ viel Grün, Schwäne und sogar einige Schafe sind zu sehen - eine kleine Oase. Kurz vor Erreichen der Furt über die Žríhyrningsá überholt mich ein Motorradfahrer. An der Furt selbst habe ich ihn dann wieder eingeholt, auch ein zum Wohnmobil ausgebauter Unimog parkt hier. Die Furt selbst sieht unproblematisch aus, etwa 10 Meter breit und 30 bis 40 Zentimeter tief, das Wasser ist klar (8,5°C zeigt das neugierige Thermometer), die Strömung mäßig und die Steine sind flach und gut zu sehen. Ich muß dem zweifelnden Motorradfahrer Mut machen. Ja, das ist die günstigste Stelle, sicher kein Problem. Er packt seine Maschine ab und führt sie im ersten Gang neben sich durch den Bach. Er muß viel mit Gas und Kupplung spielen und hat selbst Mühe barfuß guten Halt zu finden. Ich überhole ihn im Wasser, dafür darf ich ihn dann mit seinem Apparat photographieren. Zweimal muß er noch durch den Bach um sein Gepäck nachzuholen. Er ist sichtlich erleichtert, daß er seine erste Furt überstanden hat. Ich verabschiede mich, er wird mich ja bald wieder eingeholt haben.

Drei Kilometer weiter, an der Furt der Álftadalsá hat er sich wohl ein Herz gefaßt und ist durchgefahren, sonst hätte ich ihn noch antreffen müssen. Zum ersten Mal fallen mir die gelben Bimssteinlagen im Uferbereich auf, die wie Treibholz Hochwasserstände markieren. Mit dem Furten fängt es an zu regnen. Ich beeile mich und mache mich wetterfest. Später stelle ich fest, daß ich beim schnellen Aufbruch mein kleines Stativ an der Furt vergessen habe. Der Wind wird auch zunehmend stärker und Sand knirscht zwischen den Zähnen. Es wird besser, als die Regenschauer den Boden feucht halten. Die Piste führt jetzt nach Westen, direkt auf den Heršubreiš zu. Ein weitere kurze Pause aber der Wind ist inzwischen unangenehm stark. Südlich der Arnardalsfjöll quere ich zwei "Wadis". Auch in ihnen hatte ich eigentlich Wasser antreffen wollen, aber die flachen Berge im Süden sind schneefrei und liefern kein Schmelzwasser mehr. Am Fuß der Arnardalsfjöll ist in einiger Entfernung etwas Vegetation und Wasser zu erkennen. Ich setze meine Hoffnung auf den nächsten in der Karte eingezeichneten Bach an dem ich mein Zelt aufbauen will. Es ist gegen17 Uhr und für heute reicht es mir voll und ganz. Aber Fehlanzeige - wieder kein Wasser und dabei sollte das die letzte sichere "Tankstelle" für die nächsten zwei Tage sein.

bei den Arnardalsfjöll
Etwas westlich der Arnardalsfjöll noch eine grüne Insel mit bis zu 2 Meter hohen, mit "Strandhafer" bewachsenen Dünenbuckeln. Zwischen der Piste und den Dünen ist es topfeben. Die Bimssteinablagerungen zeichnen die Uferlinie eines flachen Sees nach der sich hier wohl nur zur Zeit der Schneeschmelze bildet. Ich verlasse die Piste, quere hinüber zu den Dünen und suche mir zwischen ihnen einen geschützten Patz für das Zelt. Überall Gänsekot und auch ein paar Schafspuren. Ich bin froh um meine 10 Sandheringe, und selbst die muß ich mit dem Absatz tief in den weichen Sand drücken damit sie halten. Auf der Piste drüben plagen sich zwei Mountainbiker gegen Wind und weichen Sand ab. Sie kommen nur sehr langsam voran. Mehrmals sehe ich sie absteigen. Ich winke, aber ich weiß nicht, ob sie mich sehen. Es ist 15:30 Uhr, das Zelt steht, ich strecke mich auf meiner Matte aus und schlafe auch sofort ein. Nach einer Stunde Siesta koche ich mir einen Tee und gönne mir dazu eine halbe Tafel Schokolade. Noch etwas schlaffaul mach ich mich auf den Weg zu der Stelle an der Wasser gesehen hatte. Für die 3 Liter war ich eine Stunde unterwegs und komme gerade noch rechtzeitig vor einem Regenschauer zu meinem Zelt zurück.

Zum Abendessen dann "Ungarntopf", zwar nicht ganz so auf Geschmack getrimmt wie die "Riesenappetitsuppen" aber gehaltvoller! Bin mir nicht ganz sicher, ob ich schon bei der "2. Furt" oder noch 1-2 Kilometer davor bin. Nutze eine Regenpause zu ein paar Peilungen. Die Winkel sind jedoch ungünstig und helfen mir auch nicht viel weiter - ist auch ohne größere Bedeutung.