6. Tag, Hagavatn

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Dieter Graser © 2010

Dienstag, 21. August 2007


Um Mitternacht wecken mich die Scheinwerfer eines Fahrzeuges das vor der Hütte parkt. Auch das noch! Bin schon froh, daß es bei dem einen Fahrzeug bleibt und kein Konvoi hinterherkommt. Sind sicher keine "Touris". Wenig später öffnet sich die Hüttentür und ein Isländer späht herein - ob noch Platz für zwei Mann sei? Kein Problem. Ich schäle mich aus meinem Schlafsack und räume die eine Koje frei, die ich großzügig mit meinem Material belegt habe und zünde die Kerzenlaterne an. Die neuen Gäste sind zwei Jäger, denn heute am 21. August, beginnt die Jagdsaison und sie wollen die ersten sein die hier auf Gänsepirsch gehen. Die Beiden verziehen sich flugs und in ihre Schlafsäcke und danach ist von ihnen, auch Dank meiner vorzüglichen Ohrstöpsel, nichts mehr zu hören, bis sie um 5:00 Uhr leise wieder aus der Hütte schleichen. Ein Kontrollblick aus dem Hüttenfenster bestätigt meine Befürchtungen: sehr tiefe, graue Wolken ziehen von Süden herauf in das Tal und verschlucken alles was sich über 50 m über den Talboden erhebt. Den Wecker werde ich heute erst mal ignorieren und einen Ruhetag einlegen, denn für die nächste Etappe hätte ich gerne gute Sicht. So habe ich heute Zeit die Gegend ein wenig zu erkunden ... und schließlich gefällt mir diese lauschige Hütte.

Frühstück mit Heidelbeermüsli um 8 Uhr. Erst ein wenig an den Aufzeichnungen. Werde nachher dem Einifell entlang talauswärts gehen - irgendwo muß dieser neue Steg ja sein. Lese die ersten 60 Seiten in meiner diesjährigen Rucksackletüre. Heize später den Ofen an, da die Hütte auskühlt.

Steg
Um 12:00 Uhr dann der Erkundungsgang flußab. Folge einigen gelb-roten Markierungspflöcken am Rand des Hochwasserbettes des Far. Am Einifell führen ein paar undeutliche Sputen über einen steilen und etwas heiklen, steinig, erdigen Hanganschnitt direkt über dem rauschenden Fluß. Dann taucht plötzlich der Steg auf. Kein Wunder, daß ich ihn gestern nicht gesehen habe: nach Westen hin ist er durch einen unauffälligen Kieshügel verdeckt. Ich nehme die GPS-Koordinaten auf, mache ein paar Bilder und Videosequenzen. Zur Hütte geht man von hier ca 20 Minuten. Um die heikle Stelle zu vermeiden umgeht man den Einifell am besten auf dessen Ostseite und erreicht die Hütte dann über die Piste.

Auf dem Rückweg zur Hütte wird aus dem stetigen Nieseln des Vormittages ein handfester Regen. Den Anorak mitzunehmen wäre keine schlechte Idee gewesen. Hänge meine Jacke zum trocknen auf, lege einen Scheit Holz nach und koche mir ein Tütensüppchen. Zum Nachtisch gibt es Schokolade und Tee. Genieße die Ruhe und wie schön es auf das Blechdach "dächelet". Alle Berge ringsum sind in grauem Regennebel verschluckt. Ich schlafe, lese und versuche zwischendurch vergeblich eine nervende Fliege zu fangen. Abends immer noch Regen. Lese im Schlafsack liegend im Licht der Stirnlampe.


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