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Bin schon um 5:00 Uhr wach, also auf Teewasser kochen. Wie immer nehme ich etwas warmes Wasser, um das
Milchpulver für das Früchtemüsli zu lösen und fülle es dann mit kaltem Wasser auf. Dann in
der Thermosflasche und im Trinkbecher Tee aufbrühen. Draußen hohe Bewölkung. Es ist windstill.
Während der ganzen Nacht waren aus der Entfernung die Baumaschinen zu hören. Sie müssen rund
um die Uhr arbeiten, um den kurzen Sommer zu nützen. Aufbruch um 7:00 Uhr. Wieder über den Bach zurück zur Piste. Ein Kilometer weiter wären auch
direkt neben Weg gute Plätzchen für das Zelt gewesen, aber weiß man´s vorher? Die Abzweigung Richtung
Nýidalur kommt früher als erwartet. Ab hier weiter Richtung NNE ist der alte Sprengisandsvegur mit Steinwarten
markiert und wird auch noch heute ab und zu von von Reitergruppen benützt. Leider kann ich dem alten Weg, gerade
hier, wo er auch wirklich wieder als "alter Weg" erkennbar wird nicht mehr weiter folgen. Ich muß in Nýidalur,
auf der Ostseite des Sprengisandurs, meine vorausgeschickten Vorräte aufnehmen. Ich nehme die Position und
wechsle den Kurs Richtung Ost um vom Gebiet der Þjórsá zum Túngnafell zu queren.
Gab es in der Nähe des Flußes noch einzelne Oasen so fehlt jetzt jegliche Vegetaion. Der zentrale Sprengisandur
ist eine Wüste. Es geht leicht aber stetig bergauf. In regelmäßigen Abständen eine kleine Stufe und
so hangele ich mich dem Tungnafell entgegen. Es ist immer noch windstill und es kommt sogar noch die Sonne heraus. Es
wird warm. Traumwetter mitten im Sprengisandur! Ich komme an einem Vermessungspunkt vorbei und nehme ihn als
Refernezposition. Etwas weiter dann Pause an einem komfortablen Sitzstein. Schöner Blick zurück auf den
Þjórsárjökull einem breiten Lobus des Hofsjökulls und dem Arnarfell einer wichtigen
Wegmarke auf dem Sprengisandsvegur. Photos gemacht. So macht das Reisen wieder Spaß. Die Route ist nicht weiter markiert. Aber alte Fahrzeugspuren, dabei eine relativ frische, und die Hufabdrücke von
drei Pferden (also ein einzelner Reiter mit einem Pack- und einem Wechselpferd) sind eindeutig. Auch das GPS sagt mir,
daß ich genau auf Kurs bin. Kurz vor Erreichen der Sprengisandurpiste, die von Südwesten heraufkommt, schiebt
sich eine Wolkenbank vor die Sonne und ein leichter Südwind kommt auf. Die in der 1:100.000er Karte eingezeichneten
Bachläufe sind alle trockengefallen. Sie führen wohl nur zur Zeit der Schneeschmelze Wasser. Treffe die Piste
genau auf den eingegebenen Koordinaten. Ohne Pause weiter Richtung Nýidalur. Der relativ vielbefahrene
Sprengisandsleið ist eine steiniges Waschbrett und damit schlechter zu Gehen, als die Piste vorher. Jedoch treffe ich
nur auf wenige Fahrzeuge. Es zieht sich, denn die Straße macht eine weite Schleife nach Osten und es geht bergauf.
An der höchtsten Stelle muß ein Bach gefurtet werden. Dann endlich wieder bergab und zur Hütte von
Nýidalur. Zur Begrüßung fängt es an zu tröpfeln. Im Norden stehen noch die schönsten kleinen
Cummulanten aber von Süden her zieht es zu und die altbekannten Regenstreifen hängen aus den Wolken.
Um 14:00 Uhr schon baue ich mein Zelt im Regen auf. Schade - der Tag hatte sich so gut angelassen. Gehe zur Hütte
und hole mein Packet ab. Ui, ist das schwer! Noch eine ganze Packung Vollkornbrot, 2 Packungen Mineralbonbons
(eine hätte schon im im Packet von Þórsmörk dabei sein sollen), Müsli, Milchpulver und
die üblichen Tagesrationen. Noch ein Satz Batterien für das GPS, dabei sind die ersten noch halbvoll. Koche
mir in der Hütte eine Linsensuppe und bezahle meinen Zeltplatz für zwei Nächte. Inzwischen hat es
aufgehört zu regnen und die Sonne macht wieder einen Versuch. Wasche mir am Wasserhahn die Haare und alles
was am Körper so erreichbar ist. Mal wieder eine Rasur, wechsle die Wäsche, wasche die gebrauchte und
hänge sie an meiner Wäscheleine zum Trocknen auf. Waren am Nachmittag nur 3 Zelte auf dem großen
Grasplatz, so füllt sich der zum Abend hin gewaltig. Von Norden wie von Süden her treffen Allradfahrzeuge und
Busse ein. Viele Isländer und eine große Gruppe Franzosen. Mein vorher einsames Zelt ist inzwischen
eingekreist. Zwei isländische Studenten machen eine Umfrage für eine Studie über den Tourismus im Hochland.
Gemeinsam mit einem Schweizer fülle ich einen Fragebogen aus und die Studenten versorgen uns
großzügig mit heißem Wasser und der Schweizer steuert den Nescaffee bei. Já, já -
Tourismus im Hochland. Erwartungshaltung "unberührte Natur", soll es mehr "Hochlandstationen" geben, mehr
Brücken, bessere Straßen? "Stören Sie die Hochspannungsleitungen?" - Nein, eher das Kraftwerk das
hinten dran hängt. "Empfinden Sie Stauseen als eine Bereicherung der Landschaft?" Nachdem, was ich die letzten
Tage gesehen habe wohl kaum. Bin gerade bei der Frage "Wie schätzen Sie das Umweltbewußtsein der
Isländer ein?", als schon der zweite heute Abend seine Luftmatratze mit dem Kompressor seines Geländewagens
aufpumpt und dabei die 150 PS mit nervösem Gasfuß bedient. Ich korrigiere meine Berwertung von "schlecht"
auf "sehr schlecht". Anschließend interessante Diskussion mit den Studenten. Abends nur mit Ohrstöpsel eingeschlafen, da zuviel Radau. Leichter Regen.
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16. Tag: Nıidalur