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Morgens kein Wellengeräsuch mehr, auch kein Regen. Leichter NW-Wind. Bereite mir ein gemütliches Frühstück.
Habe kein festes Programm für heute und nutze das trockene Wetter um meine nassen Sachen zu trocknen.
Baue meine Wäscheleine auf und gehe zu See zum Waschen. Zur Seite des Gletschers hin ist das Ufer flach, aber
zu den Fögrufjöll hin fällt es steil ab und an manchen Stellen bildet es senkrechten Klippen. Schon nach nur
hundert Meter ist der Weg am Ufer entlang versperrt. Beschließe heute Vormittag den Weg zum Útfall, den
Abfluß des Langisjórs zu erkunden. Der Seeabfluß durchbricht etwa zwei Kilometer südlich des oberen Seeendes
die Kette der Fögrufjöll. Das Wasser strömt dabei nur wenige hundert Meter durch eine tief einschnittenes Tal
und fließt dann in einen etwa einen Kilometer langen See, um dann schließlich, über eine kleine Schwelle, in
die Skaftá zu münden. Ein Querung des Útfalls ist also nur ober- oder unterhalb diese Sees möglich. Die
Vantamælingar und Jósef meinten, oberhalb des Sees sei wohl die günstigste Stelle, aber offensichtlich kannte
keiner von ihnen die Verhältnisse aus eigener Anschauung.
Tungnaárjökull
Zurück am Zelt gibt es heißen Tee und Müsliriegel. Es ist nun Mittag und das Wetter wird zusehends besser.
Über dem Gletscher scheint schon die Sonne. Was liegt näher, als nacher noch einmal den Fögru zu besteigen?
Auf dem schon bekannten Weg wieder steil hinauf. Meine Rechnung geht auf. Die Wolkendecke hat aufgerissen und
hat sich in einzelne Cummulanten aufgelöst, die über die Landschaft segeln. Bingo - ich freue mich wie ein Schneekönig.
Heute habe ich das Wetter das ich mir gestern gewünscht habe. Von vielen Schau-, Staun- und Photostops
unterbrochen wandere ich über den Karterand des Fögru. Versuche ein Panoramaphoto zu machen. Beim letzten von
20 Bildern muß ich den Film wechseln. Dabei habe wohl auch das Zoom verstellt und so fehlt mir schließlich eine
Aufnahme um den Rundblick voll zu schließen.
Vom Südostrand aus kann ich die die obere Meßstelle der Vantamælingar
an der Skaftá erkennen. Auch zwei farbige Punkte, die sich langsam Richtung Útfall zurück bewegen.
Kristinn und Ægir sind auf dem Rückweg.
Fögru
Langisjór
Gleich vom Zelt aus steige ich auf einer gut sichtbaren Pfadspur schräg den Hang hinauf. Etwa 50 Meter höher
gelange ich in ein flaches, geschlossenes Tal mit einem kleinen, schon ziemlich ausgetrockneten See, den
ich schon am Vortag vom Fögru aus gesehen habe. Ich gehe auf dem niederen westlichen Höhenzug bis zum südlichen
Ausgang der flachen Talsenke und steige dann zum Ufer des Langisjórs ab. Zuerst geht es noch gemütlich am Seeufer
entlang und erst kurz vor dem Útfall muß man in den steilen Hang hinauf ausweichen, was etwas Trittsicherheit
erfordert. Auf den Felsen oberhalb der Durchbruches des Útfall ist der Datalogger des Seepegels angebracht.
Zumindest einmal im Jahr muß also jemand hierherkommen und um die Wasserstandsdaten auszulesen. Der Útfall
fließt in Kaksaden über eine dammartige, etwa 5 Meter hohe Felsschwelle in ein enges Bachbett mit groben
Blöcken. Der Abfluß ist geringer als vermutet und das gegenüberliegende Ufer sieht gangbar aus. Das war es,
was ich sehen wollte! Kein Problem hier zu furten. Eines der zwei Probleme auf dem Weg zurück zum Sveinstindur
erweist sich als relativ harmlos. Beruhigt mache ich mich auf den Rückweg.
Manchmal ist das Gehen eher ein Balancieren, denn der schmale Grat
und an einigen Stellen nur fußbreit. Bin froh um den nur schwachen Wind, denn nach links könnte man 250 Meter bis in
die grauen Fluten der Skaftá purzeln und nach rechts etwas weniger steil hinunter in den grünen Krater. Vom
höchsten, südwestlichen Punkt verlasse ich den Kraterrand und folge nun dem Grat weiter nach
Südwesten. Den letzten Aufschwung zum Punkt 912 schenke ich mir. Der Grat dort hinauf hat ein paar Kletterstellen
und drüber steile, erdige Runsen. Das ist mir dann doch etwas zu ausgesetzt und heikel. 400 Meter unter mir steht winzig mein
Zelt und der Nissan der Vatnamælingar. Ich entdecke auch die beiden im Abstieg von dem flachen
Tälchen mit dem halb ausgetrockneten See. Ich richte mich auf und winke Ihnen hinunter. Schließlich sehen sie mich
und winken zurück. Wenig später habe sie ihr Auto erreicht und fahren bald in Richtung Norden davon. Genieße die Aussicht auf
den Langisjór und den Tiefblick. Der miserable Fels auf diesem Grat gefällt mir gar nicht. Von hier kommen also die großen
Felsbrocken zwischen denen ich mein Zelt aufgebaut habe! Muß mich selbst rügen. Meine Platzwahl war nicht besonders überlegt.
Stichwort: gravitative Massenbewegung. Mache mich langsam auf den Rückweg. Über der Nordwestseite des Kraters wird es
richtig steil aber im weichen Moos haften die Bergschuhe verläßlich und rutschen keinen Zentimeter.
Nach vier Stunden wieder zurück am Zelt. Zur Teatime gibt es Schokolade. Räume etwas auf und sortiere die Ausrüstung. Habe
heute drei Mal den Film gewechselt. Döse dann etwas auf dem Schlafsack liegend. Am späteren Nachmittag hat sich der Himmel
mehr und mehr bezogen. Wind kommt auf und es fängt an zu tröpfeln. Dann folgen erste Schauer und schließlich regnet es
sich ein. Soll es doch, diesen Tag kann mir niemand mehr nehmen! Lesen, kochen, an den Aufzeichnung. Werde morgen die
Fögrufjöll queren und bis zu einem Platz gehen, der verheißungsvoll Grasver, also "Grasebene", heißt. Gehe
zum Pinkeln noch mal aus dem Zelt. Das typische, knallende Klacken von Steinschlag läßt mich den Hang zum Grat hinaufblicken. In weiten Sätzen springt
ein Stein den Hang hinab, wird zum Schluß noch weit in die Ebene hinausgeschleudert und bleibt etwa 10 Meter vor meinem Zelt
liegen. Wieder im Schlafsack liegend, ertappe ich mich dabei, daß ich auf das trockene Knallen lausche.
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