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Morgens immer noch Regen. Raffe mich langsam auf, frühstücke und packe zusammen. Traue den
Regenpausen nicht und ziehe gleich im Zelt das Regenzeug an. Zum ersten Mal auf dieser Tour, daß
ich den Rucksack im Zelt packe. Bevor ich losgehe packe ich jedoch die Überhosen wieder ein, da es
mir sonst zu warm wird.
Nach einer Viertelstunde wird mir auch der Anorak zuviel. Kein Wind heute, und der Regen hat
tatsächlich aufgehört. Das Tal hinaus und hinunter und vorbei am Hof Tungufell. Ein großer Hof.
Aber auch ein typisch isländischer Hof mit vielen Gebäuden und noch mehr Schrottkarren die sich rings
über die Hauswiese verteilen. Dann schnurgerade das Tal hinaus. Drei Wanderreiter kommen mir
entgegen. Jeder führt ein zweites Pferd am Zügel wobei eines große Packtaschen für das
Gepäck trägt.
An der Hvítábrücke wie befürchtet der große Auflauf. Ein Polizeiwagen und mehrere Fahrzeuge
der Björgunarsveitar mit allem möglichen Bergungsgerät. Unterhalb der Brücke ist ein Schlauchboot
in der heftigen Stömung vertäut. Mit einer Unterwasserkamera wird versucht das Autowrack zu orten.
Bei der geringen Sichttiefe in dem milchig, trüben Gletscherwassers sicher kein sehr
aussichtsreiches Unterfangen. Ich spreche kurz mit einem der Retter. 11 Meter Wassertiefe
in der Schlucht. Ein Insasse konnte sich, wie auch immer, retten. Nach dem Fahrer wird
noch gesucht. Ich gehe langsam weiter. Etwa einen Kilometer weiter mache ich die Pause,
die eigentlich an der Hvítá machen wollte und setze den Rucksack ab. Der Himmel ist unverändert
trübe, aber es bleibt trocken.
Die letzten Kilometer zum Geysir ziehen sich. Die Straße zum Gullfoss ist mit großem Aufwand
neu angelegt worden und ich habe keine andere andere Wahl, als auf dem harten Straßenbelag zu
laufen. Auf beiden Seiten der Straße Schafzäune, tiefe Gräben und dann der hohe Fahrdamm selbst.
Ähnelt eher einer Grenzbefestigung. Viel Verkehr.
Um halb drei schließlich erreiche ich die Cafetria und das Besucherzentrum am Geysir. Ich
stelle meinen Rucksack ab ... und es fängt an zu regnen. Das war Timing. Meinen seltsamen
Gelüsten folgend vertilge ich erst "Pilsur meš öllum" ( Hot Dog mit allem) und danach noch das
"Special offer: Hamborgar meš franskar og Pilsner". Alles gleich zahnlos, mampfig und
geschmacksneutral. Nicht, daß ich es nicht schon vorher gewußt hätte. Muß nur meinen Magen
davon überzeugen, daß es sich wirklich nicht lohnt. Richte mich auf dem Zeltplatz ein, döse ein
Viertelstündchen und begebe mich dann ins Schwimmbad beim Hotel. Heiß duschen, etwas im Hot-Pot
gedümpelt, ein paar Bahnen geschwommen und dann in frische Wäsche geschlüpft.
Vom Münztelephon in der Cafetreia Annie zu hause angerufen um ihr mitzuteilen, daß ich meine Tour
gut zu Ende gebracht habe und daß ich mich darauf freue sie wieder zu sehen. Um mich herum lärmende
Touristen. Irgend etwas in ihrer Stimme paßt nicht.
Was ist passiert? Langsam begreife ich, daß sie mir sagen will, daß mein Vater vor einer
Woche gestorben ist. Die Trauerfeier fand am Donnerstag statt. Morgen Abend geht mein Flieger.
In mir ist Leere. Es regnet und regnet. Ende der Aufzeichnungen.