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25. Tag, Nýidalur
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Copyright © Dieter Graser
Mittwoch, 1. August 2001
Ausgeschlafen, den Vormittag verdöst und viel gelesen (in meinem deponierten Futtersack war
auch ein neues Buch!).
Um 13:00 Uhr kommt der Hochlandbus aus dem Süden. Fahrgäste steigen aus und plötzlich schaut
mich ein junge Frau so seltsam an und irgendwie kommt mir ihr Gesicht bekannt vor. Ohne mich
aus den Augen zu lassen spricht sie durch die offene Tür mit jemandem im Bus und schon erscheint
das Gesicht von Karl "Umbrella" Gunnarsson! Nun laufen wir uns schon zum dritten Mal, in drei
aufeinander folgenden Sommern mitten im Hochland über den Weg. Das gibt es doch gar nicht - oder wenn, dann
halt nur in Island. Karl und Sigurlaug, die ich wegen ihrer nun offen getragenen, langen Haare
nicht gleich erkannt habe, wollen noch am Nachmittag Richtung Vonarskarð und Gæsavötn aufbrechen und
weiter über die Trölladyngja zur Askja. Ziel ihrer Tour ist die äußerste Nordostspitze Islands, dann
haben sie endlich die längste mögliche, geradlinige Route durch Island komplett. Letzten Sommer
gingen sie von Þingvellir ebenfalls über die Þjórsárver nach Nýidalur (wir begegneten uns bei den
Kerlingarfjöll). Im Frühsommer machten sie dann den Reykjavegur zur Südostspitze Islands (...da
komme ich gerade her), und jetzt eben das letzte große Stück (ca. 300 km). Karl ist Minimalist und
keiner der Rucksäcke der beiden wiegt viel mehr als 10 kg. Karl hat den seinen sogar selbst genäht und
stolz zeigt er mir die gewichtsparenden Details. Allerdings ist er mit seinem Regenschirm
unzufrieden - er ist deutlich zu schwer.
Nýidalur
Nachdem ich Jóhann dem Hüttenwart etwa eine Stunde vor Ankunft des Busses die Geschichte von
meinen zweimaligen, seltsamen Begenungen mit Karl erzählt habe, kann ich ihm Karl jetzt auch
persönlich vorstellen und er schüttelt ungläubig den Kopf "neij, neij". Nach dem schon
traditionellen Gruppenbild und ein "See you next year somewhere in the highlands!" machen sich
die beiden auf den Weg hinauf ins Snappadalur. Es regnet und ein unangenehmer Wind weht. Die
beiden sind ohne Zelt, nur mit Biwaksack unterwegs. Sie sind schnell und müssen es auch sein -
dagegen bin ich der reinste "Komfort-Touri".
Am Abend noch Unterhaltung mit drei Motorradfahrern aus Altötting und Mühldorf. Von der
Hüttenwartin, mit dem gut isländischen Nachnahmen Santacroce,
bekomme ich noch einen Banane, einen Apfel und eine Organge geschenkt. Der Apfel sieht auch
wunderschön aus, schmeckt aber wie alle nach Island exportierten Äpfel wunderbarerweise nach
überhaupt nichts. Trotzdem es ist das erste Obst seit mehr als drei Wochen - ab wann bekommt
man eigentlich Skorbut? Am Abend bekomme ich von ihr noch selbstgebackene "sniður" und
höllisch gute Schokoladen -"Muffins", wohl als Dankeschön, daß ich ihr das Rätsel "Wieviel
Deziliter sind 1/4 Liter mal 3?" gelöst habe. Gegen 21:00 Uhr zieht von Norden her eine kleine
Kaltfront mit Wind und Regen durch. Ich liege im Schlafsack und futtere Kuchen ...
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