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14. Tag; Bræðrafell Dreki

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Copyright © Dieter Graser

Samstag, 15. August 1998

Während der Nacht hat der Wind mächtig an der Hütte gerüttelt. Erst gegen Morgen wurde es etwas ruhiger. Den Wecker um 6:00 Uhr mal wieder ignoriert und erst eine Stunde später aufgestanden. Blick aus dem Fenster. Nordwestwind bei leichten Schneefall und Graupeln! Bin gleich wieder zurück in den Schlafsack. In der Hütte hat es + 6°C. Nach 5 Minuten raffe ich mich doch auf. Frühstück und packen. Die Sicht ist ganz gut und Schnee ist immer noch trockener als Regen, nur sollte er nicht gerade liegen bleiben. Die Wolkendecke hängt tief und von den Felstürmen des Bræðrafell ist auch heute nichts zu sehen. Die Hütte aufgeräumt und wieder verschlossen. Start um 9:00 Uhr.

Mache noch ein paar Photos von der Hütte. Der Weg nach Süden ist gut ausgepflockt und erweist sich sogar als ein richtiger Trampelpfad. Die kurzen, gelben Holzpflöcke stehen in Sichtweite und meistens sieht man mindestens die zwei. Ohne Navigationszwang komme ich schnell und gut voran. Nur ab und zu zwingt die Lava zu vorsichtigen und überlegten Schritten. Nach etwa einer Stunde werden mir die Überhosen zu warm. Es hat aufgehört zu schneien und es schickt sich an aufzuklaren. Die Wolken steigen etwas an und lassen erkennen, daß die Hänge bis herunter leicht überschneit sind. Der Weg folgt genau dem Rand der Lava am östlichen Fuß einer niederen, Nord-Süd verlaufenden Bergkette. Diese ist auf der 100000er Karte mit den Höhen H787, H863 sowie mit den Gipfeln Stórakista und Litlakista eingetragen. Ein paar Einbuchtungen in der Bergkette werden dabei abgekürzt. Ein einzelne, vorsichtig gelegte, alte Autospur zeugt von den alljährlichen Bemühungen Reparatur-, Ausbau- und Brennmaterial zur Bræðrafell-Hütte zu bringen. Das Wetter und die Sicht bessern sich und am späten Vormittag mache ich einen Versuch auf den Anorak zu verzichten. Aber während der Mittagspause verstärkt sich der Nieselregen erneut und der Wind wird noch einmal unangenehm kalt. Überhaupt mache ich nur kurze Pausen, denn der relativ "leichte" Rucksack (geschätzte 17 kg) macht sich kaum bemerkbar. An der SW-Ecke der Litlakista verläßt der Weg die Bergkette und führt nach Südwesten um das junge Lavafeld des 1961er Ausbruchs der Askja zu umgehen.

'61er Lava

Mit Annäherung an die Askja ist die Lava wieder von einer dicken, hellen Bimssteinschicht bedeckt. Der junge Lavastrom ist an seiner am weitesten vorgestoßenen Front 4 - 5 Meter hoch. Die schwarzen Trümmer der steilen Wand bilden einen eigentümlichen Gegensatz zu dem gelblichen Bismsteinflächen über die sie sich schoben. Um die Lavazunge herum und dann zur nahen Piste und die restlichen 2 km nach Westen zur Hütte an der Drekagíl. Komme dort um 15:45 Uhr an. Erfahre, daß Eygló zwar noch nicht eingetroffen ist, aber daß sie eigentlich bald kommen müßte. Ich setze mich also auf einen Felsen und beobachte das Treiben. Ein halbes Dutzend Geländewagen, ein Hochlandbus - es ist richtig viel Betrieb hier. Dann wird es mir doch etwas zu frisch und ich setze mich in die Hütte koche mir eine Kaffee und studiere die ausgehängten Karten an der Wand. Irgenwann inzwischen ist auch Eygló mit ihrem Pickup eingetroffen und damit auch mein Zelt und meine Vorräte. Nachdem die Stoffhütte steht, koche ich mir ein Chili con Carne und schreibe weiter am Tagebuch.

Am Abend noch meinen Zeltplatz und die Übernachtung in der Bræðrafell-Hütte nachträglich und in der Dyngjufell-Hütte im voraus bezahlt. Bei der Gelegenheit natürlich noch ein längeres Schwätzchen. Dabei erfahre ich, daß es vorletzte Nacht und auch in der letzten Nacht ein Erdbeben gegeben hat. Das Beben in Herðubreiðarlindir habe ich gespürt, aber letzte Nacht hat die Hütte eh die ganze Zeit gewackelt. Habe in Bræðrafell übrigens (... mal wieder) unwissentlich in einem "Geisterbett" geschlafen! Weiter erfahre ich, daß bei Landmannalaugar, vor wenigen Tagen, nur wenige Kilometer von der Hütte entfernt, ein 28-jähriger Amerikaner in schlechtem Wetter in Bergnot geraten und umgekommen ist. (siehe Bericht in Daily News of Iceland) Nachdenklich gestimmt gehe ich zurück zum Zelt.


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15. Tag Dreki - Dyngjufell