9. Tag, Fögrufjöll - Sveinstindur

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Copyright © Dieter Graser

Freitag, 19.Juli 2002


Morgen am See
Morgens Windstille und wolkenloser Himmel. Bis zu meinem Aufbruch ziehen dann hohe Schäfchenwolken auf, aber keine Gefahr für das ruhige und gute Wetter. Wie ich es mir nach dem Kartenstudium schon zurechtgelegt habe, wird mein Weg über den Höhenzug, der die Landbrücke zum Sveinstindur bildet führen.

zum Sveinstindur
Eine schmale, kaum fußbreite, Pfadspur zeigt, daß dieser Weg öfters begangen wird. Ich folge langsam dem Auf und Ab des Grates und lege hin und wieder einen Photostop ein. Erneut ein Panoramaversuch. Diesesmal haben es mir die sich in der ruhigen Seeoberfläche spiegelnden Schäfchenwolken angetan. Ich habe keine Eile. Bis zur Hütte sind es nur gut sechs Kilometer. Ich rechne, daß ich um Mittag dort eintreffen sollte. Gegen Ende meines "Zeltsees" steige ich über den grusigen Hang nach Osten vom Grat ab. Dieser beginnt nun felsig zu werden und ein Weiterkommen auf dem Grat selbst wäre sicher sehr mühsam wenn nicht sogar fraglich. Ein weiterer kleiner See bildet schließlich den Abschluß der Seenkette der Fögrufjöll. Im Ende des Talkessels sind die Spuren eines steilen Steiges erkennbar auf dem man die eben verschenkten Höhenmeter, und noch einige mehr, sich mit vielen Schweißtropfen neu erkaufen darf. Das Ende des Anstieges feiere ich mit einer kleinen Pause und dem Blick zurück auf den Langisjór und die westlichsten Seen der Seenkette.


Panorama Langisjór

Langisjór
Die steile Gipfelpyramide des Sveinstindur umgeht man nun auf dessen Ostseite über eine leicht zertalte Hochfläche. Der Blick hinauf zum Sveinstindur läßt mir den Gipfel recht nah erscheinen. Aber von dieser Seite wäre der Aufstieg über die steilen, schrofigen Schutthalden sicher eine Schinderei. Ich verschiebe meine Vorhaben auf später und beschließe zuerst zur Hütte zurück zu gehen und gegen Abend auf den Sveinstindur zu steigen. Wie zur Bestätigung werden am Westgrat Gipfelaufbau ein paar kleine Gestalten sichtbar, die sich langsam nach oben bewegen. Da ich vor fünf Tagen schon den Weg durch die Schlucht mit der Wasserversorgung erkundet habe finde ich den etwas versteckten Zugang, nun von oben kommend, erheblich leichter. Pünktlich, gegen Mittag, komme ich an der Sveinstindurhütte an und baue meine Zelt auch wieder am selben Platz auf. Fast gleichzeitig trifft dort der Jeep von Hólaskjól mit dem Gepäck einer neuen Wandergruppe ein. Helfe wieder beim Ausladen. Danach ein Süppchen gekocht, Wäsche gewaschen und mir ein Nachmittagsschläfchen gegönnt.

Sveinstindur
Um 16:00 Uhr brauche ich erst mal einen starken Kaffee um wieder in die Gänge zu kommen. Ein paar dunkle Wolken sind aufgezogen. Sie sehen nicht sonderlich bedrohlich aus, aber mit dem schönen Wetter von heute Vormittag ist es vorbei. Ich packe die Wasserflasche, etwas zum Futtern und den Anorak in die Deckeltasche des Rucksack, der sich, als "Wimmerl" um die Hüfte geschnallt, als komfortabler Daypack bewährt und gehe die anbendlich Bergtour auf den Sveinstindur an. Der Weg hinauf durch die Wasserversorgungs-Schlucht ist mir ja schon bekannt. Dann folge ich den in weiten Abständen gesteckten Pflöcken, beziehungsweise den vielen, nicht übersehbaren Fußspuren. Wie so oft geht der Weg nicht im Zickzack, sondern gerade durch Sand und Geröll den Hang hinauf. Auf halben Höhe begegnen mir die schon angekündigte nächste Wandergruppe der Útivistar. Keiner der Gruppe ist unter 50. Weiß nicht warum mir das auffällt, gehöre doch selbst bald zu dieser Altersgruppe. Kurzer Schwatz, man sieht sich ja nacher an der Hütte. Einer erzählt begeistert, daß er die Tour schon zum vierten Mal macht, aber zum ersten Mal wäre der Gipfel nicht in dicken Wolken gewesen. Ich bin erst mal froh wenn die Wolkendecke, die sich nun ganz geschlossen hat, nicht weiter absinkt. Unten, an der Hütte, war es ungewöhnlich warm. Inzwischen vertrage auch beim Aufsteigen schon die Faserpelzjacke. Von der Hütte aus sieht der Sveinstindur aus, wie eine runde Kuppe aus. Tatsächlich ist der Gipfelaufbau eher ein gebogener Kamm. Über Trittsicherheit und etwas Schwindelfreiheit sollte man also schon verfügen. Am Gipfel schnell den Anorak übergezogen. Durch die tiefen, geschlossenen Wolken ist die Ausssicht jetzt nicht so spektakulär, aber immer noch beeindruckend genug. Versuche etliche Bilder zu machen. Über den Westgrat sind noch 4 Isländer aufgestiegen und ich überlasse ihnen bald den Gipfel. Erst steige ich ziemlich vorsichtig über den Gipfelgrat ab, aber dann nutze ich gandenlos die miese Qualität des Gesteins aus und tobe im Schweinsgalopp die Sandreißen hinunter. Um 20:00 Uhr bin ich wieder an der Hütte und statte den Útivistar einen Besuch ab. Die Klampfe ist ausgepackt, die Textbücher ausgegeben. Neben den isländischen Hüttenstandards werden, tief aus der Kiste der Erinnerung, das unvermeidliche "House of the Rising Sun" und auch "Ihr Kinderlein kommet" ausgekramt. Letzteres mit isländischem Text und wohl in einer jahreszeitlich ungebunderen Form. Um 22:00 Uhr zurück ins Zelt. Zu spät heute für die Aufzeichnungen. Werde sie morgen nachholen.


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