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Morgen am See
zum Sveinstindur
Langisjór
Sveinstindur
Morgens Windstille und wolkenloser Himmel. Bis zu meinem Aufbruch ziehen dann hohe Schäfchenwolken
auf, aber keine Gefahr für das ruhige und gute Wetter. Wie ich es mir nach dem Kartenstudium
schon zurechtgelegt habe, wird mein Weg über den Höhenzug, der die Landbrücke zum Sveinstindur
bildet führen.
Eine schmale, kaum fußbreite, Pfadspur zeigt, daß dieser Weg öfters begangen wird. Ich folge
langsam dem Auf und Ab des Grates und lege hin und wieder einen Photostop ein. Erneut ein
Panoramaversuch. Diesesmal haben es mir die sich in der ruhigen Seeoberfläche spiegelnden
Schäfchenwolken angetan. Ich habe keine Eile. Bis zur Hütte sind es nur gut sechs
Kilometer. Ich rechne, daß ich um Mittag dort eintreffen sollte. Gegen Ende meines
"Zeltsees" steige ich über den grusigen Hang nach Osten vom Grat ab. Dieser beginnt nun felsig
zu werden und ein Weiterkommen auf dem Grat selbst wäre sicher sehr mühsam wenn nicht sogar
fraglich. Ein weiterer kleiner See bildet schließlich den Abschluß der Seenkette der Fögrufjöll.
Im Ende des Talkessels sind die Spuren eines steilen Steiges erkennbar auf dem man die eben
verschenkten Höhenmeter, und noch einige mehr, sich mit vielen Schweißtropfen neu erkaufen darf.
Das Ende des Anstieges feiere ich mit einer kleinen Pause und dem Blick zurück auf den Langisjór und
die westlichsten Seen der Seenkette.
Die steile Gipfelpyramide des Sveinstindur umgeht man nun auf dessen Ostseite über eine leicht
zertalte Hochfläche. Der Blick hinauf zum Sveinstindur läßt mir den Gipfel recht nah erscheinen.
Aber von dieser Seite wäre der Aufstieg über die steilen, schrofigen Schutthalden sicher eine
Schinderei. Ich verschiebe meine Vorhaben auf später und beschließe zuerst zur Hütte zurück zu
gehen und gegen Abend auf den Sveinstindur zu steigen. Wie zur Bestätigung werden am Westgrat
Gipfelaufbau ein paar kleine Gestalten sichtbar, die sich langsam nach oben bewegen. Da ich vor
fünf Tagen schon den Weg durch die Schlucht mit der Wasserversorgung erkundet habe finde ich den
etwas versteckten Zugang, nun von oben kommend, erheblich leichter. Pünktlich, gegen Mittag,
komme ich an der Sveinstindurhütte an und baue meine Zelt auch wieder am selben Platz
auf. Fast gleichzeitig trifft dort der Jeep von Hólaskjól mit dem Gepäck einer neuen
Wandergruppe ein. Helfe wieder beim Ausladen. Danach ein Süppchen gekocht, Wäsche gewaschen und
mir ein Nachmittagsschläfchen gegönnt.
Um 16:00 Uhr brauche ich erst mal einen starken Kaffee um wieder in die Gänge zu kommen. Ein paar
dunkle Wolken sind aufgezogen. Sie sehen nicht sonderlich bedrohlich aus, aber mit dem schönen
Wetter von heute Vormittag ist es vorbei. Ich packe die Wasserflasche, etwas zum Futtern und den Anorak
in die Deckeltasche des Rucksack, der sich, als "Wimmerl" um die Hüfte geschnallt, als komfortabler
Daypack bewährt und gehe die anbendlich Bergtour auf den Sveinstindur an. Der Weg hinauf durch
die Wasserversorgungs-Schlucht ist mir ja schon bekannt. Dann folge ich den in weiten
Abständen gesteckten Pflöcken, beziehungsweise
den vielen, nicht übersehbaren Fußspuren. Wie so oft geht der Weg nicht im Zickzack, sondern gerade
durch Sand und Geröll den Hang hinauf. Auf halben Höhe begegnen mir die schon angekündigte nächste
Wandergruppe der Útivistar.
Keiner der Gruppe ist unter 50. Weiß nicht warum mir das auffällt, gehöre doch selbst
bald zu dieser Altersgruppe. Kurzer Schwatz, man sieht sich ja nacher an der Hütte. Einer erzählt
begeistert, daß er die Tour schon zum vierten Mal macht, aber zum ersten Mal wäre der Gipfel
nicht in dicken Wolken gewesen. Ich bin erst mal froh wenn die Wolkendecke, die sich nun ganz
geschlossen hat, nicht weiter absinkt. Unten, an der
Hütte, war es ungewöhnlich warm. Inzwischen vertrage auch beim Aufsteigen schon die Faserpelzjacke.
Von der Hütte aus sieht der Sveinstindur aus, wie eine runde Kuppe aus. Tatsächlich ist der
Gipfelaufbau eher ein gebogener Kamm. Über Trittsicherheit und etwas Schwindelfreiheit sollte man
also schon verfügen. Am Gipfel schnell den Anorak übergezogen. Durch die tiefen, geschlossenen Wolken
ist die Ausssicht jetzt nicht so spektakulär, aber immer noch beeindruckend genug. Versuche etliche
Bilder zu machen. Über den Westgrat sind noch 4 Isländer aufgestiegen und ich überlasse ihnen bald
den Gipfel. Erst steige ich ziemlich vorsichtig über den Gipfelgrat ab, aber dann nutze ich gandenlos
die miese Qualität des Gesteins aus und tobe im Schweinsgalopp die Sandreißen hinunter. Um 20:00 Uhr
bin ich wieder an der Hütte und statte den Útivistar einen Besuch ab. Die Klampfe ist ausgepackt, die
Textbücher ausgegeben. Neben den isländischen Hüttenstandards werden, tief aus der Kiste der
Erinnerung, das unvermeidliche "House of the Rising Sun" und auch "Ihr Kinderlein kommet" ausgekramt.
Letzteres mit isländischem Text und wohl in einer jahreszeitlich ungebunderen Form. Um 22:00 Uhr zurück
ins Zelt. Zu spät heute für die Aufzeichnungen. Werde sie morgen nachholen.
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